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Erstversorgung des neugeborenen Fohlens

Trotz guter Geburtsüberwachung und komplikationsloser Geburt von reifen und gesunden Fohlen kommt es gerade innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Geburt immer wieder zu Erkrankungen, die zum Verlust der Tiere führen können. Eine häufige Ursache hierfür sind Infektionen, die entweder vor, während oder unmittelbar nach der Geburt stattfinden. Durch ein gutes Management, sorgfältige Hygienemaßnahmen sowie eine umsichtige Erstversorgung des neugeborenen Fohlens können diese Risiken minimiert werden.
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Der Nabel
Der Nabel des Fohlens stellt eine der wichtigsten Eintrittspforten für Infektionserreger dar. Bei einem normalen Geburtsverlauf reißt der Nabel an einer präformierten Stelle, ca. 3-4 cm von der Bauchdecke entfernt, ab. Meist geschieht dies bei den ersten Bewegungen des Fohlens nach dem Austritt aus dem Geburtskanal oder den ersten Aufstehversuchen. Eine vorherige Trennung ist nicht notwendig und sollte auch unterbleiben, da nach der vollständigen Entwicklung der Frucht noch eine große Menge Blut von der Mutterstute auf das Fohlen übertragen wird. Zur Infektionsprophylaxe ist der Nabel unbedingt zu desinfizieren. Hierfür eignet sich eine aus Jod und 70%igem Alkohol gemischte Lösung, die unmittelbar nach der Ruptur der Nabelschnur und dann innerhalb der ersten 48-72 Stunden wiederholt aufgetragen werden sollte, um eine ausreichende Desinfektion und Abtrocknung zu erzielen.

Die Biestmilch (Kolostrum)
Pferde werden prinzipiell „immunkompetent“ geboren, was bedeutet, dass sie bereits von Geburt an Mechanismen besitzen, um sich gegen Krankheitserreger zu schützen. Allerdings ist die Konzentration an Antikörpern im Blut neugeborener Fohlen bei weitem zu niedrig, um dem Infektionsdruck der „Außenwelt“ standzuhalten. Sie sind also auf die Versorgung so genannter maternaler Antikörper angewiesen, die in hoher Konzentration in der Biestmilch (Kolostrum) vorhanden sind. Diese werden über den Darm des Fohlens in die Blutbahn aufgenommen und schützen es somit vor Infektionen. Dieser Mechanismus zum Übertritt der Antikörper aus dem Darm ins Blut ist allerdings zeitlich begrenzt, so dass gerade in den ersten Lebensstunden eine Aufnahme von Kolostrum immens wichtig ist. Vitale Fohlen saugen meistens innerhalb der ersten 2-3 Stunden zum ersten Mal bei der Mutterstute. Sollte dies aufgrund von Fehlstellungen des Fohlens, eines mangelnden Saugreflexes oder einer eventuellen Widersetzlichkeit der Stute nicht möglich sein, so ist eine Versorgung mit Kolostrum durch Abmelken und Verabreichen mittels Babyfläschchen oder im Extremfall über eine Nasenschlundsonde möglichst spätestens 6 bis 12 Stunden nach der Geburt unbedingt notwendig.
Das Darmpech (Mekonium)
Bereits vor der Geburt beginnt der Verdauungstrakt des Fohlens mit der Produktion von Faeces, dem so genannten Darmpech oder Mekonium. Dieses wird zeitnah zur Geburt ausgeschieden, meist nach dem ersten Saugakt. Da das Mekonium aber eine recht feste und zähe Konsistenz aufweist, kommt es nicht selten, vor allem bei Hengstfohlen, zu Schwierigkeiten beim Absatz. Sollte bei solchen Fohlen einige Stunden nach der Geburt noch kein Abgang des Darmpechs beobachtet werden und zeigen diese dafür aber ein vermehrtes Drängen oder „Schwänzeln“, kann die Gabe eines Einlaufes (Klistier) notwendig sein. Der vollständige Abgang des Mekoniums sollte in jedem Fall spätestens innerhalb der ersten 24 Lebensstunden erfolgen.

Medikamentöse Prophylaxe („Fohlenimpfung“)
Die Notwendigkeit einer Medikamentengabe beim neugeborenen Fohlen ist von mehreren Faktoren (allgemeine Verfassung des Fohlens, Geburtsverlauf, Erstaufnahme von Kolostrum, Impfstatus der Mutterstute) abhängig. Bei der von vielen Züchtern gewünschten „Fohlenimpfung“ handelt es sich zumeist um eine prophylaktische einmalige Applikation von Antibiotika, equinen Hyperimmunseren, Paramunitätsinducern, Tetanus-Antiserum oder Vitaminpräparaten. Eine tatsächliche Impfung für das neugeborene Fohlen existiert nicht. Antibiotika haben eine schädigende Wirkung auf die Darmflora, fördern den Aufbau von Resistenzen und sind bei einmaliger Injektion so gut wie nicht wirksam. Daher lehne ich die einmalige, vorbeugende Applikation von Antibiotika beim gesunden Fohlen ab. Der Einsatz von Antibiotika unterliegt, wie auch im Allgemeinen, strengen Indikationskriterien. Diese können zum Beispiel die Geburt in eine Umgebung mit hohem Infektionsdruck (Risikobestand), Geburtsverletzungen oder die sehr späte Aufnahme von Kolostrum und die daraus resultierende niedrige Antikörperkonzentration im Blut des Fohlens sein. Eine solche Therapie mit Antibiotika sollte aber, entsprechend den allgemeinen Leitlinien für den Einsatz antimikrobieller Substanzen, über einen Zeitraum von mehreren Tagen weitergeführt werden, um dem Auftreten von resistenten Erregern vorzubeugen. Bei ausreichender Antikörperversorgung des Fohlens (Kolostrumaufnahme!) ist auch eine Verabreichung von Hyperimmunseren bzw. Paramunitätsinducern nicht notwendig und sollte nur bei Fohlen mit Verdacht auf ungenügende IgG-Versorgung erfolgen. Diese kann quantitativ über einen Schnelltest aus dem Blut erfolgen, welcher anzeigt, ob das Fohlen genügend Antikörperschutz besitzt oder nicht. Die Applikation von Tetanus-Antiserum ist bei normaler Kolostrumversorgung und ausreichendem Impfstatus der Mutter nicht notwendig, sollte aber bei Fohlen von ungeimpften Stuten als Infektionsschutz verabreicht werden. Die wichtigste Infektionsprophylaxe stellt in jedem Fall die ausreichende Nabelhygiene sowie die Aufstallung in einer gesunden, sauberen Umgebung dar!